Warum sind unreife, grüne Bananen gut für den Darm?

Zunächst eher zufällig kam ich im Laufe der Jahre zu der Erkenntnis, dass unreife, grüne Bananen gut für die Darm-Schleimhaut sind.

„Du hast mit grünen Banane gehandelt“: Ernst oder Spaß? 

Wie kam es dazu? Vor vielen Jahren hörte ich den Vortrag eines Amerikaners auf einem Kongress zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen zum Thema „Darmentzündung und ihre Behandlung“. Um es genauer zu beschreiben, er berichtete über die Entzündung in dem Rekonstruktions-Reservoir des Darms nach Dickdarmentfernung bei Colitis ulcerosa, der so genannten Pouchitis. Er sagte, dass die herkömmlichen Behandlungen mit lokaler Gabe von Cortison, Antibiotika, Probiotika, kurzkettigen Fettsäuren oder Mesalazin ohne große Wirksamkeit seien.  Aber – so fuhr er fort – man könne auch gerade grüne Bananen geben. Ich war mir nicht sicher, ob dies nur eine ironische Anmerkung war oder ob etwas dahinterstecken sollte. In den Folgetagen beschäftigte ich mich mit Literatur zu grünen Bananen, denn tatsächlich gab es Veröffentlichungen dazu. Wenn man im Tierexperiment Magengeschwüre mit Bananenextrakt behandelte, verschwanden die Geschwüre (1). Bananen verfügen über verschiedene Inhaltsstoffe. Unter anderem sind sie reich an Lecithin, welches biochemisch dem phosphorhaltigen Fett Phosphatidylcholin entspricht.

Phosphatidylcholin schützt die Schleimhaut

In mir reifte der Gedanke, dass dieses Phosphatidylcholin die Schleimhaut im Magen schützt. Es könnte sich wie ein Schutzfilm über das Geschwür legen, damit es – abgeschirmt vor der aggressiven Salzsäure – heilen kann. Es ist bekannt, dass Magengeschwüre nicht nur nach exponierter Einnahme von Aspirin oder Ibuprofen auftreten können, sondern viel häufiger durch das im Magen lebende Bakterium Helicobacter pylori. Diese Entdeckung geht auf die beiden australischen Wissenschaftler Barry Marshall und Robin Warren zurück, die dafür im Jahre 2005 den Nobelpreis für Medizin erhielten. Sie fanden übrigens auch heraus, dass das Mineral Bismuth gegen den Helicobacter hilft. Interessanterweise erhöht das Mineral Bismuth auch die Phosphatidylcholin-Konzentration in seiner Umgebung (2).

Bakterien fressen Phosphatidylcholin und durchlöchern so den Schleimschutz

Später wurde berichtet, dass der Helicobacter pylori auf seiner Oberfläche ein Enzym hat, welches Phosphor-haltige Fette spalten kann, die sogenannte Ectophospholipase (3). Phosphatidylcholin ist der Schutzfaktor im Magenschleim, der das Eindringen von Bakterien verhindert. Der raffinierte Magenkeim namens Helicobacter schafft es mit seiner Ectophospholipase, diesen Phosphatidylcholin Schutzfilm zu knacken und kann somit den Schleim durchdringen, um sich auf der Oberfläche der Magenschleimhautzellen festzusetzen. Dort löst er eine Entzündung aus, die wir unter dem Begriff Gastritis kennen. Diese führt schließlich zum Magengeschwür. Der Helicobacter pylori ernährt sich von dem Lecithin im Schleim.

Durch die Gabe von Bananenextrakt mit seiner Lecithinanreicherung wird dem Helicobacter das Lecithin schon im Magenlumen leicht zugänglich gemacht, ohne es mühsam aus dem Schleim herausbrechen zu müssen. Er wird damit überfüttert und lässt deshalb vom Schleimlecithin ab. Die Magenentzündung bildet sich zurück und das Geschwür heilt aus.

Warum gerade unreife Bananen?

Die Gabe von unreifen, grünen Bananen hat möglicherweise den Vorteil, dass sie vom Magen schlechter „verdaut“ werden können. Wissenschaftlich ausgedrückt: aufgrund ihrer Unreife verbleiben sie länger im Magen, sodass die Exposition mit dem Lecithin länger anhält. Dies wäre eine Erklärung für die besonders gute Wirksamkeit bei Magengeschwürleiden. In weiteren Untersuchungen zeigte sich, dass Phosphatidylcholin in oral verabreichter Form gegen Magenschleimhautverletzungen und Magengeschwüre, die durch Stress oder Fehlernährung verursacht werden, schützen kann (4).

Die Nutzung dieser einfachen und natürlichen Zusammenhänge könnte auch mal von Bedeutung sein bei Behandlung von Magenentzündungen. So reifte bei mir der Gedanke, ob der Extrakt von grünen Bananen auch für den Darm nützlich sein könnte.

Literaturverzeichnis:
  1. Hills BA, Kirwood CA. Surfactant approach to the gastric mucosal barrier: protection of rats by banana even when acidified. Gastroenterology. 1989;97(2):294-303.
  2. Ottlecz A, Romero JJ, Hazell SL, Graham DY, Lichtenberger LM. Phospholipase activity of Helicobacter pylori and its inhibition by bismuth salts. Biochemical and biophysical studies. Dig Dis Sci. 1993;38(11):2071-80.
  3. Weitkamp JH, Pérez-Pérez GI, Bode G, Malfertheiner P, Blaser MJ. Identification and characterization of Helicobacter pylori phospholipase C activity. Zentralbl Bakteriol. 1993;280(1-2):11-27.
  4. Dial EJ, Zayat M, Lopez-Storey M, Tran D, Lichtenberger L. Oral phosphatidylcholine preserves the gastrointestinal mucosal barrier during LPS-induced inflammation. Shock. 2008;30(6):729-33.